Ob nach einer Verletzung, einer stressigen Arbeitsphase oder einfach einer längeren Pause – der Wiedereinstieg ins Training ist eine Herausforderung. Die gute Nachricht: Dein Körper erinnert sich an deine frühere Leistungsfähigkeit und kann sie schneller zurückgewinnen, als du vielleicht denkst. Allerdings gibt es einige wichtige Punkte zu beachten, um Überlastung zu vermeiden und effektiv wieder in Form zu kommen.
In diesem Artikel erfährst du, wie du dein altes Leistungsniveau Schritt für Schritt zurückerlangst, welche Fehler du vermeiden solltest und warum der Wiedereinstieg anders ist als der erstmalige Leistungsaufbau.
Viele Sportler fürchten nach einer Trainingspause einen völligen Leistungsabfall – doch das ist unbegründet. Während einige Anpassungen wie die Effizienz der Mitochondrien oder die Laktattoleranz zurückgehen, bleiben andere, wie die Kapillarisierung der Muskulatur, erhalten. Das bedeutet, dass dein Körper weniger Zeit braucht, um wieder leistungsfähig zu werden, als beim erstmaligen Training.
Beim erstmaligen Aufbau der Ausdauer startet der Körper von einem völlig untrainierten Zustand. Er muss neue Kapillaren bilden, die Muskeln an die Belastung gewöhnen und lernen, effizient Energie bereitzustellen. Das dauert oft mehrere Monate und erfordert eine langsamen, progressiven Aufbau mit Fokus auf Grundlagenausdauer.
Nach einer Pause sind diese Prozesse aber nicht vollständig zurückgesetzt. Dein Körper hat bereits gelernt, mit Belastung umzugehen – er ist einfach nur „eingeschlafen“. Viele Strukturen sind noch vorhanden, sie müssen lediglich wieder aktiviert werden. Dadurch ist der Wiedereinstieg kürzer und effizienter, erfordert aber trotzdem eine gezielte Steuerung.
Trotzdem kann eine überhastete Rückkehr zum alten Trainingsumfang zu Problemen führen. Das Herz-Kreislauf-System passt sich schneller an als Sehnen und Bänder, was das Verletzungsrisiko erhöht. Auch das subjektive Belastungsempfinden kann täuschen: Eine Belastung mag sich leicht anfühlen, obwohl dein Körper sie noch nicht vollständig verarbeitet.
Deshalb ist es entscheidend, den Wiedereinstieg gezielt zu steuern und sich langsam an alte Intensitäten heranzutasten.
Kapillarisierung bleibt erhalten – Die Sauerstoffversorgung der Muskulatur bleibt größtenteils bestehen, wodurch das Herz-Kreislauf-System schneller wieder leistungsfähig wird.
Mitochondrien müssen reaktiviert werden – Sie sind zwar noch vorhanden, aber inaktiv. Erst regelmäßige Belastungen verbessern ihre Effizienz.
Laktattoleranz muss wiederaufgebaut werden – Die Fähigkeit, Laktat abzubauen, nimmt ab, wodurch moderate Belastungen härter erscheinen.
Herz-Zeit-Volumen sinkt – Das Herz pumpt weniger Blut pro Schlag, was sich anfangs in einer höheren Herzfrequenz äußern kann.
Fazit: Dein Körper ist nicht auf Null gesetzt – aber du musst ihm Zeit geben, um alte Fähigkeiten gezielt zurückzuerlangen.
Der Wiedereinstieg erfordert eine progressive Belastungssteigerung, die auf die physiologischen Gegebenheiten des Körpers abgestimmt ist. Dabei ist es wichtig, nicht zu früh auf hohe Intensitäten zu setzen, sondern erst die Grundlagenausdauer zu stabilisieren, bevor gezielt Intervalle oder Tempoläufe hinzukommen.
1. Stabilisierungsphase (Wochen 1–4): Die Grundlage reaktivieren
Zu Beginn des Wiedereinstiegs sollte der Fokus auf kontinuierlichen, lockeren Einheiten liegen, um das Herz-Kreislauf-System und die Muskeln wieder an regelmäßige Belastungen zu gewöhnen. Hier geht es nicht um Tempo oder lange Distanzen, sondern darum, eine belastbare Grundlage für die kommenden Wochen zu schaffen.
Ein besonderer Fokus sollte auf der Muskel-Sehnen-Belastbarkeit liegen, da diese Strukturen langsamer auf Training reagieren als das Herz-Kreislauf-System. Ergänzendes Kraft- und Stabilisationstraining kann helfen, Verletzungen vorzubeugen.
Dauerläufe oder Radausfahrten im Grundlagenausdauer-Bereich (GA1)
Intensität: 60–70 % der maximalen Herzfrequenz
Dauer: 30–90 Minuten
Ziel: Verbesserung der aeroben Kapazität und Reaktivierung des Fettstoffwechsels
Athletik- und Krafttraining
Stabilisation der Gelenke, Sehnen und Bänder
Unterstützung der Lauf- und Radökonomie
Häufiger Fehler: Zu schnelles Erhöhen der Intensität führt oft zu Sehnenproblemen oder Überlastungsverletzungen.
2. GA2- und Schwellentraining (Wochen 4–8): Die Laktattoleranz zurückholen
Sobald die aerobe Grundlage stabil ist, kann die Intensität schrittweise erhöht werden. Jetzt geht es darum, wieder an das Belastungsniveau der Schwelle heranzukommen – also an den Punkt, an dem der Körper Laktat produziert, aber noch effizient abbauen kann.
GA2-Training (intensive Grundlagenausdauer)
1–2x pro Woche
Beispiel: 4x8 Minuten im Entwicklungsbereich (75–85 % HFmax)
Ziel: Verbesserung der Laktatverarbeitung
Kraftausdauer-Training
Bergläufe oder niedrige Trittfrequenz auf dem Rad für muskuläre Anpassungen
Häufiger Fehler: Zu viele intensive Einheiten führen zu Ermüdung oder einem Leistungsplateau.
3. VO2max und wettkampfspezifische Belastungen (ab Woche 8)
Nun ist der Körper wieder bereit für hochintensive Belastungen. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) wird gezielt verbessert, was direkte Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit bei höheren Intensitäten hat.
VO2max-Intervalle
4x4 Minuten bei 90–95 % VO2max, mit 3 Minuten Pause
Ziel: Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme
Lange Einheiten für die Ausdauer
GA1-Distanzen von 2+ Stunden zur Steigerung der Energieeffizienz
Wettkampfspezifische Belastungen
Long Runs mit Endbeschleunigung
Radmarathon-Simulationen
Häufiger Fehler: Zu wenig Erholung in dieser Phase führt oft zu Leistungsstagnation oder Übertraining.
Der Wiedereinstieg ins Training erfordert Geduld, eine durchdachte Strategie und die richtige Balance zwischen Belastung und Erholung. Wer die Prinzipien des progressiven Trainings nutzt und die natürlichen Anpassungsmechanismen des Körpers berücksichtigt, kann sein altes Leistungsniveau effizient wieder erreichen – und vielleicht sogar übertreffen.
Du brauchst Unterstützung beim Wiedereinstieg?
Egal, ob du nach einer Pause wieder durchstarten oder einen individuellen Trainingsplan für dein Comeback möchtest – ich helfe dir dabei, gezielt und sicher zurück zu deiner Bestform zu kommen. Schreibe mir einfach eine Nachricht, und wir finden gemeinsam den optimalen Weg für dich.
Wissenschaftliche Quellen:
Muskelgedächtnis (Muscle Memory):
Bruusgaard, J. C., Johansen, I. B., Egner, I. M., Rana, Z. A., & Gundersen, K. (2010). Myonuclei acquired by overload exercise precede hypertrophy and are not lost on detraining. Proceedings of the National Academy of Sciences, 107(34), 15111-15116. https://doi.org/10.1073/pnas.0913935107
Kapillarisierung und Mitochondrien nach Trainingspause:
Coyle, E. F., Martin, W. H., Sinacore, D. R., Joyner, M. J., Hagberg, J. M., & Holloszy, J. O. (1984). Time course of loss of adaptations after stopping prolonged intense endurance training. Journal of Applied Physiology, 57(6), 1857-1864. https://doi.org/10.1152/jappl.1984.57.6.1857
Laktattoleranz und anaerobe Schwelle:
Neary, J. P., & Wenger, H. A. (1986). The effects of detraining on plasma lactate accumulation and clearance capacity during exercise following high-intensity sprint training in male and female athletes. European Journal of Applied Physiology and Occupational Physiology, 55(3), 249-253. https://doi.org/10.1007/BF00422738
Herz-Zeit-Volumen und kardiovaskuläre Anpassungen:
Detry, J. M., Brasseur, L. A., Reybrouck, T., & Rousseau, M. (1971). Effects of detraining on the heart and VO2 max. Circulation, 43(4), 543-552. https://doi.org/10.1161/01.CIR.43.4.543
Diese Quellen bieten detaillierte Einblicke in die physiologischen Anpassungen des Körpers während Trainingsphasen und die Auswirkungen von Trainingspausen.